das Ansehen: aanzien.

hiesig: van hier.

lauern: uitkijken.

letztendlich: tenslotte.

schleunigst: vlug mogelijk.

ständig: voortdurend.

veröden: verlaten.

Das Brüsseler Goethe-Institut hat zum 1. April 2005 seine Bibliothek geschlossen. SprachschülerInnen des Instituts – aus Belgien, anderen europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten – sind davon überzeugt, ôdass die deutsche Sprache und die deutsche Kultur für das vereinte Europa von großer Bedeutung sind, umso mehr noch natürlich für die Hauptstadt Europas. Aus Protest gegen die Teilschließung des deutschen offiziellen Kulturinstituts schrieben sie einen offenen Brief. Der wurde in der deutschen Wochenzeitung ô Die Zeit” so kommentiert: ôDie Protestierer aus Brüssel sollten ihren Brief auch nach Berlin schicken, z. Hd. Joschka Fischer. Auch wenn der zurzeit andere Sorgen hat.

Nachstehend der volle Wortlaut des offenen Briefes an deutschsprachige EU-Parlamentarier, die Botschafter der Bundesrepublik in Belgien und bei der EU, die Landesvertretungen und die belgische und deutsche Presse:

ôGOODBYE GOETHE – APPELL AN DIE VERNUNFT”

Die Unterzeichner dieses Briefes sind alle Studenten des Brüsseler Goethe-Instituts. Die meisten haben – nach einem langjährigen Studium und dank dem fabelhaften Einsatz der Lehrerinnen und Lehrer dieses Instituts – ein gutes Niveau an deutschen Sprachkenntnissen erreicht. Stellvertretend für alle Studenten sehen wir uns leider jetzt gezwungen, Alarm zu schlagen; die rasante Talfahrt des Brüsseler Goethe-Instituts der letzten zwei Jahre muss endlich gestoppt werden. Ihr Augenmerk gilt vor allem der Bibliothek, dem Kursangebot und dem Verwaltungschaos.

Die Bibliothek

Im Zentrum Brüssels, in der Belliardstraße, hängt ein schönes Schild am Eingang des Goethe-Instituts: ôDeutsche Bibliothek”! Wirklich eine schöne Fassade,… aber leider ist es nur Fassade. Das seit Jahren unterschwellig grassierende Gerücht der Schließung der Bibliothek hat sich seit Kurzem als eine barbarische, vollendete Tatsache herausgestellt. Einige Bibliothekbenutzer wurden am 15. Februar per E-Mail benachrichtigt, dass die Zentrale des Goethe-Instituts in München die deutsche Bibliothek des Brüsseler Instituts zum 1. April 2005 schließen wird. Diese Entscheidung wird begründet wie folgt: ôAufgrund einer veränderten Konzeption (???) für das Goethe-Institut Brüssel wurde dieser Schritt notwendig. Die personellen wie finanziellen Ressourcen sollen für Westeuropa reduziert werden, zugunsten der Länder, in denen das Goethe-Institut traditionell bisher wenig oder überhaupt nicht vertreten war.” (Asien)

Da haben wir jetzt den Salat! Die schöne Sammlung von Büchern, deutschsprachigen Zeitschriften, Medien,… ist uns Studenten mit der Zeit unentbehrlich geworden. Sie hat uns sehr gut gedient und begleitet beim Deutschunterricht, bei unseren Sprachprüfungen, bei den Studien der deutschen Kultur. Dieser ôKulturmord” war offensichtlich geplant. Vor einigen Jahren verschwand plötzlich die Kinderbuchsammlung. Dann waren die juristischen Werke an der Reihe, etwas später verschwanden die Bücher über Musik, usw. Jetzt soll die ganze Bibliothek ein für allemal aus der hiesigen Kulturlandschaft verschwinden.

Es ist uns völlig unbegreiflich, wie man heutzutage eine gut funktionierende und sich großer Beliebtheit erfreuende Bibliothek einfach so schließen kann. Es gibt keine Einrichtung dieser Art irgendwo anders in Brüssel oder in Belgien; die einzige nennenswerte deutsche Bibliothek im Herzen Europas wird geschlossen. Obwohl sie sicherlich nicht zur ersten Zielgruppe gehören, soll doch berücksichtigt werden, dass auch sehr viele Deutsche (und deutsche Schulkinder) regelmäßige Besucher der Bibliothek sind. Die Zahl der deutschen Staatsangehörigen in Brüssel und Umgebung gleicht inzwischen der einer deutschen Kleinstadt. Die Studenten des Goethe-Instituts können und wollen sich mit dieser Entscheidung nicht abfinden. Für die nächsten Wochen werden Protestaktionen geplant.

Das Kursangebot und die Verwaltung

An der Pforte des Goethe-Instituts hängt ein zweites, etwas kleineres Schild mit der Aufschrift ôInstitut zur Pflege der deutschen Sprache im Ausland und zur Förderung der internationalen kulturellen Zusammenarbeit”. Aber auch hier deckt der Name die Sache nicht; das Schild hält schon lange nicht mehr, was es verspricht. Diese schöne, statutarische Bestimmung entwickelt sich zunehmend zum bloßen, kärglichen Lippenbekenntnis.

Der Verwaltungsaufwand im Goethe-Institut sucht seinesgleichen; er ist zwar riesig, aber völlig kontraproduktiv; er führt direkt ins Nichts. Die Leitung des Instituts scheint nicht mehr in der Lage zu sein, auf einigermaßen befriedigende Weise den aktuellen Bedürfnissen in Sachen Sprachunterricht zu entsprechen. Glücklicherweise stehen die hervorragenden Leistungen der Lehrkräfte im krassen Gegensatz zur allgemeinen Verwaltungsmalaise. Ihnen gebührt sicherlich der Lorbeer, die Sprachkursabteilung am Leben gehalten zu haben und die Kurse auf ständig hohem Niveau weitergeführt zu haben.

Mit großer Sorge stellen wir fest, dass sich die Zahl der angebotenen Kurse von Jahr zu Jahr verringert, dass Kurse nach einem Semester abgebrochen werden. Schlimmer noch, das Institut führt überhaupt keine Informationspolitik. Service für Sprachlerner gibt es eigentlich nicht; das Institut verzichtet weitgehend auf Veröffentlichung der Programme der Spracharbeit, der Auftritt im Internet ist miserabel, die Einschreibungstage werden kaum bekannt gemacht, Anfangsdaten werden nicht eingehalten, usw. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, das Institut käme lieber ganz ohne Studenten aus. Dennoch ist das Potenzial für Kurse und Kursteilnehmer alles andere als erschöpft, ganz im Gegenteil.

Einige Argumente für eine Änderung der heutigen ôSprachpolitik” des Brüsseler Goethe-Instituts:

– Deutschland ist mit Abstand der wichtigste Handelspartner Belgiens. Trotzdem ist der Deutschunterricht stark rückläufig. Die Antwerpener Hafenbehörde und die Handelskammer Antwerpen und die Verantwortlichen der Euregio ôRhein-Maas” haben schon mehrmals ihrem Unmut und ihrer Enttäuschung über die mangelnden Deutschkenntnisse Luft gemacht. Fast jedes Jahr senden sie einen Notruf für mehr Deutschunterricht aus, vor allem für Abend- und Wochenendkurse.

– Am 24. April 2004 verabschiedete das Flämische Parlament einstimmig eine Resolution, in der alle beteiligten Instanzen dazu aufgefordert werden, mehr Deutschunterricht anzubieten. Das Parlament fordert diesbezüglich auch neue Stimulantia, neue Unterrichtsinitiativen und eine effizientere Förderung der deutschen Sprache. Es ist klar, dass das Goethe-Institut hier eine begrenzte aber wichtige Rolle spielen kann.

– Belgien ist ein dreisprachiges Land. Die deutsche Sprache ist eine anerkannte und offizielle Landessprache. Die deutschen Sprachkenntnisse bei der Bevölkerung sind aber ebenfalls sehr rückläufig.

– Brüssel ist auch die Hauptstadt Europas. Die deutsche Sprachgruppe ist die größte in der Europäischen Union. Deutsch ist außerdem die zweite Fremdsprache in Europa. Will man diese Position beibehalten, muss es hier auch in Zukunft ein deutsches Kultur- und Kursangebot geben.

Es ist uns völlig unerklärlich, warum das Goethe-Institut diese Tendenzen und Chancen links liegen lässt. Warum das Institut fast nur den europäischen Institutionen Interesse widmet? Kurse für EU-Beamte mögen vielleicht lukrativer sein (???), aber ist dies wirklich die Hauptaufgabe, die absolute Priorität eines Kulturinstituts wie des Goethe-Instituts? Darüber hinaus wissen wir aus den Erfahrungen der Kursteilnehmer aus den EU-Institutionen, dass bei starker Beteiligung an Outsourcingprogrammen der EU immer die Gefahr lauert, dass man seine Identität, sein finanzielles Gleichgewicht und letztendlich auch seine Existenzfähigkeit verliert. Es wäre ja schließlich nicht die erste Einrichtung, die durch Beteiligung an solchen EU-Programmen in die Bredouille geraten wäre. Die ôschnelle Mark” könnte sich dann als ôletzte Mark” erweisen.

Mit großem Bedauern stellen wir auch fest, wie die Goethe-Institute immer mehr in das Fahrwasser der Politik geraten. Mit diesen Instituten wird heutzutage Außenpolitik gemacht, wie die Beispiele Afghanistan und Nordkorea verdeutlichen. Die Institute werden des Öfteren für wirtschaftliche Ziele und dito Interessen eingesetzt. Es muss dann auch nicht Wunder nehmen, dass Kultur und Sprachunterricht immer mehr auf der Strecke bleiben.

Ist ein Ende der Abwärtsspirale in Sicht? Sie dreht sich schneller und schneller. Kann die Institutsleitung diese Abwärtsspirale durchbrechen, kann sie noch eine Trendwende herbeiführen und das Ruder noch herumwerfen? Wir bitten, flehen, fordern, dass die Institutsleitung – doch vor allem die zentrale Institutsleitung in München – ihre ôPolitik der langsamen Erwürgung” schleunigst überdenkt; dass sie – wie früher – ein offenes Ohr hat für die Nöte und Hilferufe der Studenten. Dass der Kontakt mit den Studenten wiederhergestellt wird, und man sich endlich auch ein wenig um P.R.-Arbeit kümmert. Dass das Kulturangebot breiter und vielseitiger wird, dass man der Verödung, der Lieblosigkeit und Beliebigkeit der Kulturarbeit in den letzten Jahren Einhalt gebietet. Dass man sich ein wenig in Kundenfreundlichkeit übt und sich auch dem Gastgeberland gegenüber aufgeschlossen verhält und erkenntlich zeigt. Wir sind uns wohl bewusst, dass auch das Goethe-Institut sparen muss, aber aufs Geratewohl mit dem Holzhammer drauflosschlagen bringt ja bekanntlich auch nichts.

Fazit

Der gute Ruf des Goethe-Instituts und das Ansehen Deutschlands stehen auf dem Spiel. Wenn es in der Hauptstadt Europas nicht einmal gelingt, ein gut funktionierendes Institut anzubieten, wo wird es denn wohl sonst gelingen? Diese Angelegenheit ist uns zu wichtig, um tatenlos zuzusehen. Daher unser Aufruf: Beteiligen Sie sich bitte an unserem Kampf um den Erhalt des Goethe-Instituts in Brüssel, um eine ständige Präsenz der deutschen Kultur in der hiesigen und europäischen Kulturlandschaft.

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