Anlässlich der Feierlichkeiten zum 55. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz wurde für das Mahnmal zwar immer noch kein Grundstein gelegt und erfolgte auch kein erster Spatenstich – schließlich weiß niemand wann die Bauarbeiten tatsächlich anfangen sollen – aber immerhin wurden bei diesem Anlass auf dem Mahnmal-Gelände Informationstafeln enthüllt. Dass der politische Streit um das Mahnmal weitergeht, wurde besonders deutlich, als führende Politiker der CDU nicht an dieser symbolischen Grundsteinlegung für das Mahnmal teilnahmen. Alles was im politischen Deutschland Rang und Namen hat, von Bundespräsident Rau über Bundeskanzler Schröder bis hin zu Bundestags-Präsident Thierse, war bei der Feierlichkeit dabei, nur führende CDU-Politiker fehlten, allen voran Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen. Er findet den Eisenmann-Entwurf, dessen 2 700 Stelen auf dem zwei Fußballfelder großen Gelände zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz aufgestellt werden sollen, “zu monumental”. Außerdem befürchtet Diepgen, dass das Mahnmal nicht vor Anschlägen zu schützen sei. Damit hat er vielleicht gar nicht so Unrecht, wenn man bedenkt, dass jetzt bereits von rechtsextremer Seite lautstark gegen das Mahnmal protestiert wird. Ein Berliner Gericht hatte die Demonstration von Rechtsextremisten vor dem Gelände für das geplante Holocaust-Mahnmal und auf dem Pariser Platz erlaubt. Nur zwei Tage nach den Gedenkfeiern für die Befreiung der in Auschwitz inhaftierten Menschen zogen 600 Neonazis und Anhänger der NPD los, um unter dem Motto “Stoppt das Mahnmal” durch Berlins Straßen zu ziehen. Die Polizei hatte die Demonstration aus Angst vor Auseinandersetzungen mit linken Gegendemonstranten erst verboten, die Richter bewerteten das im Grundgesetz verankerte Recht auf Versammlungsfreiheit jedoch höher und gaben den gefährlichen Neonazis freien Marsch, zu deren Schutz auch noch insgesamt 1 300 Polizisten eingesetzt wurden.

Mit diesem Aufmarsch gegen das Mahnmal zogen zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte wieder Rechtsextreme völlig legal durch das Brandenburger Tor. Ein Tor, das es heute nicht mehr gäbe und durch das auch keine Neonazis mehr marschieren könnten, wenn das Projekt des Künstlers Horst Hoheisel beim 1995er Wettbewerb für das Mahnmal prämiert worden wäre.

Hoheisel wollte das Brandenburger Tor sprengen, die Trümmer zu Staub zermahlen, dann an dem früheren Standort verstreuen und die ganze Mahnmalfläche mit Granitplatten bedecken. Der Künstler wollte kein Denkmal für die Tötung eines Volks errichten, sondern eine Leere schaffen – symbolisch für die Leere, die ermordete Menschen hinterlassen.

das Grundgesetz: grondwet.

die Grundsteinlegung: eerstesteenlegging.

die Leere: leegte.

der Schutz: bescherming.

den ersten Spatenstich tun: de eerste spade in de grond steken.

sprengen: opblazen.

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