Mitte 1998 soll die Rechtschreibreform offiziell in Kraft treten. Aber so weit sind wir noch nicht, denn der Streit um die Reform spitzt sich zu. Nachdem viele Schriftsteller sich gegen die neue Rechtschreibung ausgesprochen haben, wird der Konflikt jetzt auch auf politischer Ebene ausgetragen. In den Bundesländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein laufen derzeit Volksbegehren gegen die Reform. Die Kultusminister stehen unter Druck, sehen sie doch die Einheitlichkeit der Rechtschreibung in den 16 Bundesländern gefährdet, und wollen die Volksbegehren vielleicht sogar verbieten oder niederschlagen.

Aber gerade von den Kultusministern wollen die Gegner der Reform sich nichts mehr diktieren lassen, denn sie sind der Meinung, daß die Kultusministerkonferenz (KMK) für die Einführung der neuen Regelungen überhaupt keine Kompetenz hat.

Wie dem auch sei, die KMK hat jetzt mit Zustimmung des Bundesinnenministers erneut eine Kommission von Sprachwissenschaftlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz bestellt. Die Kommission, die mit der ersten ?Reformergeneration? fast identisch ist, soll kurzfristig Zweifelsfälle der neuen Rechtschreibung aus dem Weg räumen.

Seit dem Erscheinen der ersten reformierten Wörterbücher wurde nämlich deutlich, wie unsinnig oftmals die Anwendung der neuen Regeln ist.

Im Bertelsmann-Wörterbuch wird das Wort ?Preiselastizität? gemäß neuer Silbentrennung jetzt wie folgt zerschlagen : ?Preise-lastizität?. Was demnächst zusammen und was auseinander zu schreiben ist, wurde auch nicht gerade vereinfacht : ?Blut bildend? wird getrennt, aber ?blutstillend? in einem Wort geschrieben. In der neuen Rechtschreibreform ist Inkonsequenz Trumpf : Entgegen der neuen Kleinschreibungsregel behält der ?Heilige Vater? trotzdem seinen großen Anfangsbuchstaben. Für diese Ausnahme hatte sich ein Kommissionsmitglied aus dem katholischen Bayern stark gemacht.

Nach der enormen Kritikwelle ergriffen jetzt sogar verschiedene Kommissionsmitglieder die Flucht nach vorne. Die zwei Vertreter aus der Schweiz kritisierten öffentlich die von ihnen mitgestaltete Reform und schlugen Neuregelungen und Präzisierungen vor : ?Die Zahl der Einzelfestlegungen und Ausnahmen ist mit der Neuregelung kaum kleiner geworden.? Nach solchen Aussagen der Reformer muß man sich selbstverständlich die Frage stellen ; wozu dann eine Rechtschreibreform dient ?

Nehmen Sie sich also ruhig Zeit mit dem Pauken der neuen Regeln, denn eine Reform der Reform ist absehbar. Fortsetzung folgt.

Fortsetzung folgt : wordt vervolgd, das Volksbegehren : petitie van burgers, zerschlagen (hier) : stukslaan.

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