Daß unterm Ladentisch NS-Literatur und -Symbole wie Hakenkreuze, SS-Uniformen, -Fahnen, -Geschirr usw. verkauft wird, ist spätestens seit der weltweiten Internet-Nutzung kein Geheimnis mehr. In den meisten Fällen sind Käufer und Verkäufer Alt- oder Neonazis, die sich mit Schrott aus dem dunkelsten Abschnitt der deutschen Geschichte eindecken. Bei besonders viel Verständnis für unaufgeklärte, verleitete und dumme Menschen könnte man eventuell verstehen, daß aufgrund einer besonders eingeschränkten politischen Vision mit faschistischen Symbolen gehandelt wird. Wenn man allerdings eine Auktion – nicht unterm Ladentisch, sondern ganz offiziell – mit authentischer Kleidung von Opfern aus Konzentrationslagern veranstaltet, fällt es einem jedoch weitaus schwerer, Verständnis für derartigen Handel aufzubringen.

Im “Berliner Auktionshaus für Geschichte” wurden jetzt zum Beispiel Kleidungsstücke von KZ-Häftlingen versteigert. Obwohl die grenzenlose Geschäftstüchtigkeit von Auktionshäusern bekannt ist, wollte man sich wohl trotz der Freude auf das gute Geschäft noch einen kleinen Anschein von Moral bewahren und zeigte die Kleidungsstücke der NS-Opfer nicht öffentlich, sondern bot sie per Katalog an. Trotzdem, die Auktion fand keinen Anklang und wurde in der Öffentlichkeit verurteilt.

Kann daneben auch der Staat von Rechts wegen gegen eine solche Versteigerung vorgehen? Der Staat könnte eingreifen, wenn er Eigentumsansprüche geltend machen kann, wie zum Beispiel zuletzt beim Vertrieb einer CD mit Lesung aus Hitlers “Mein Kampf”. Der Freistaat Bayern ist Inhaber des Hitler-Nachlasses – hat somit auch das Urheberrecht auf “Mein Kampf” – und konnte deshalb den Vertrieb verhindern. Der Verkauf von KZ-Kleidung ist viel schwieriger zu unterbinden, da eine Strafanzeige kaum Sinn macht. Die Paragraphen 86 und 86 a des Strafgesetzbuches stellen zwar das Verbreiten von Propagandamitteln und das Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen unter Strafe, um aber Strafbarkeit auszulösen, muß das Kennzeichen dazu dienen, die Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen. Das ist bei der KZ-Kleidung nicht der Fall, denn die Menschen, die diese Kleidung tragen mußten, waren Verfolgte des Regimes und keine Nazis.

Selbst wenn die öffentliche Versteigerung von Kleidungsstücken der KZ-Opfer legal ist, muß man sich doch die Frage stellen, welchen Wert Begriffe wie Moral, Scham und Gewinnsucht für uns haben.

keinen Anklang finden: geen bijval vinden, der Anschein: schijn, Ansprüche geltend machen: aanspraken doen gelden, der Ladentisch: toonbank, der Nachlaß: nalatenschap, versteigern: veilen, der Vertrieb: verkoop.

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