Ost-Berlin, kurz vor dem Mauerfall. Christiane, eine alleinerziehende Mutter, lebt mit dem 21-jährigen Sohn Alex und Tochter Ariane in einer 79-Quadratmeter-Plattenbauwohnung. Sie ist eine leidenschaftliche Aktivistin der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), eine unermüdliche Kämpferin für eine gerechte und soziale Gesellschaftsordnung und eine begeisterte Gorbatschow-Anhängerin. Am 40. Jahrestag der DDR geschieht ein Unglück: Christiane erleidet einen Herzinfarkt und fällt ins Koma.

Alex besucht die Mutter im Krankenhaus und bekommt kaum mit, dass draußen die Mauer fällt, Audis und Mercedes in den Osten rollen und Fastfood den kalten Krieg gewinnt. Nach acht Monaten – pünktlich zur Währungsunion – wacht Christiane wieder auf. Sie hat die historischen Veränderungen regelrecht verschlafen. Das ist schlimm – hat der Arzt doch gesagt, dass jede Aufregung für Christiane lebensbedrohlich sein kann. Aus Angst, die Realität der freien Marktwirtschaft könne seiner Mutter einen weiteren Herzanfall besorgen, errichtet Alex mit viel Kreativität eine Scheinwelt für seine bettlägerige Mutter. Er lässt für sie den real existierenden Sozialismus wieder auferstehen und erfindet eine ihrer Verfassung angepasste Version der historischen Ereignisse. Dazu muss er mit einem Freund sogar eine Sendung der ‘Aktuelle Kamera’ produzieren. Denn wie sonst sollte er der Mutter den veränderten Blick aus dem Fenster mitsamt dem brandneuen Coca-Cola-Plakat erklären?

Dies könnte eine Geschichte sein, wie das Leben sie manchmal schreibt. Es ist aber die Geschichte aus Wolfgang Beckers neuestem Film ‘Good bye, Lenin!’. Der wurde nach seiner Uraufführung bei den Filmfestspielen in Berlin so gut aufgenommen, dass er von der Berlinale-Jury gleich mit dem Preis für den besten europäischen Film ausgezeichnet wurde. Becker, der vor fünf Jahren ‘Das Leben ist eine Baustelle’ in die Kinos brachte, liefert mit der Komödie ‘Good bye, Lenin’ eine Hommage an Plaste und Elaste und bringt die umwälzende neuere Geschichte Deutschlands auf skurrile und einfühlsame Weise auf die Leinwand.

Der Film ist nicht nur etwas für Ostalgiker, die für Spreewaldgurken, Tempo-Bohnen und Pionier-Halstücher schwärmen, sondern auch für Jugendliche, die sich nicht wirklich vorstellen können, wie der Alltag auf der Ostseite eines gespaltenen Deutschlands ausgesehen hat. Links zum Thema DDR, Interviews mit den Schauspielern und Unterrichtsmaterial gibt es im Netz unter http://www.good-bye-lenin.de. Bleibt nur zu hoffen, dass der deutsche Streifen auch in Belgien zu sehen sein wird.

der Alltag: dagelijks leven.

das Ereignis: gebeurtenis.

gerecht: rechtvaardig.

leidenschaftlich: hartstochtelijk.

die Leinwand (hier): witte doek.

der Ostalgiker: iemand met heimwee naar de DDR.

die Plattenbauwohnung: huis in systeembouw.

Plaste und Elaste (ironisch): plastic en elastiek, goedkope rommel.

pünktlich: op tijd, stipt.

skurril: lachwekkend.

der Streife: film.

schwärmen (hier): dwepen.

die Währungsunion: het ogenblik dat Oost-

en West-Duitsland dezelfde munt kregen.

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