Die Deutsche Oper Berlin war für eine zweiwöchige Gastspielreise in Israel unterwegs. Alles schien perfekt, denn sämtliche Konzerte des deutschen Orchesters waren ausverkauft.

Doch dann sorgte plötzlich ein Musiker des Ensembles für einen Skandal.

Gerd Reinke, der erste Kontrabassist des Orchesters, bestellte in der Bar seines Tel Aviver Hotels ein Bier und unterzeichnete die Zimmerrechnung mit ?Adolf Hitler?. Als die Kellnerin ihn fragte, was das solle, meinte er : ?Adolf Hitler wird euch die Rechnung bezahlen?. Nachdem die Kellnerin entsetzt reagierte, sagte Reinke : ?Das ist ein Witz?.

Sehr witzig fand die Hoteldirektion den Vorfall nicht, denn sie verwies den Musiker sofort des Hauses. Der antisemitische Vorfall machte dann auch schnell die Runde und veranlaßte den Generalintendanten der Deutschen Oper Berlin dazu, direkt nach Tel Aviv zu fliegen, um dem Musiker fristlos zu kündigen. In Israel war Reinke schließlich unerwünscht und mußte das Land sofort verlassen. Damit war der Vorfall aber noch lange nicht vom Tisch, denn jetzt hatten deutsche Instanzen alle Mühe, sich in Israel zu entschuldigen. Vor der nächsten Aufführung von Mozarts ?Zauberflöte? wurde eine schriftliche Erklärung des Generalintendanten vorgelesen, in der er sich für diesen singulären Vorfall entschuldigte, ?der dem Geist und der Absicht unseres Gastspiels in Tel Aviv diametral entgegensteht?. Trotz der Erklärung schrien Demonstranten ihren Protest während der Aufführung in den Saal, und auch vor der Oper demonstrierten mehrere Dutzend Holocaust-Überlebende.

In einem Rundfunk-Interview meinte ein Protestler : ?Ich fühle Schande und Wut. Diese Leute lernen nie, und dieser Haß ist so tief verwurzelt, er hört nie auf.? Die deutsche Botschaft in Israel erklärte, der Vorfall habe die israelische Öffentlichkeit ?schändlich enttäuscht?. Die Deutsche Presseagentur zitiert gar einen Botschaftsangehörigen mit den Worten : ?Dieser betrunkene Hooligan macht die Arbeit von zehn Jahren zunichte.? Als gemeiner Hooligan ist der renommierte Musiker wohl nicht zu bezeichnen, zumal Reinke für ein derartiges Verhalten nicht bekannt sein soll. Der Musiker selbst finde die ganze Sache schrecklich und könne sich an nichts mehr erinnern, obwohl er laut Hotelangaben nur ein Bier getrunken haben soll.

In Israel löste der Vorfall allgemeine Empörung aus. Ein israelischer Fernsehredakteur sagte : ?Im alkoholischen Zustand sagen die Deutschen, was sie sonst nur heimlich denken?.

Außerdem könne er sich vorstellen, daß der Musiker sich ?seiner latenten Einstellung? nicht bewußt gewesen sei.

?Vielleicht ist Reinke nur ein Mann mit schlechtem Humor und anderen Problemen?.

Möglicherweise stimmt das sogar, und hat Reinke ja wirklich einen schlechten Humor, aber damit hat er dann wohl das Verhältnis der Juden zu Deutschland starkt betrübt.

die Empörung : verontwaardiging, jemandem fristlos kündigen : iemand op staande voet ontslaan, die Zauberflöte : toverfluit.

Hitler ist kein Witz.

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