Hätte Steven Spielberg 1994 nicht den Film “Schindlers Liste” in die Kinos gebracht, so wäre der Geschäftsmann Oskar Schindler sicherlich in Deutschland vergessen worden.

Der deutsche Fabrikant hatte im Zweiten Weltkrieg die Namen jener Juden auf eine Liste setzen lassen, die er als Arbeiter für seine Firma anforderte; und sie so vor der Ermordung in den Vernichtungslagern retten können.

Nach dem immensen weltweiten Interesse für die Person Schindlers im Jahre 1994 sorgt der Name heute wieder für Schlagzeilen. Die Stuttgarter Zeitung ist nämlich im Besitze eines Koffers, der einmal Oskar Schindler gehörte. Und in diesem Koffer befindet sich auch “Schindlers Liste”. Es handelt sich konkret um ein Dokument vom 18. April 1945, das in den letzten Kriegstagen in der tschechischen Stadt Brünnlitz erstellt wurde. Dorthin hatte Schindler 1944 seine Emaillewarenfabrik aus Krakau verlegt.

Den Koffer mit der Liste hat ein Stuttgarter auf dem Dachboden der Wohnung seiner Eltern in Hildesheim gefunden. Oskar Schindler war mit dem Ehepaar befreundet gewesen und hatte vor seinem Tod im Jahre 1974 einige Monate in der Hildesheimer Wohnung gelebt. Die Stuttgarter Zeitung erklärte, sie habe nichts für den Koffer bezahlt und verfolge mit der jetzt gestarteten Artikelserie über Schindler keinerlei finanzielles Interesse. Anschließend würde der Koffer an die Holocaust-Forschungsstätte in Yad Vashem in Israel übergeben. Kaum wurde die Existenz des Koffers bekannt, da meldete sich Schindlers Witwe aus Argentinien zu Wort.

“Klar ist, der in Hildesheim gefundene Nachlass gehört mir. Ich bin die Erbin und Witwe von Oskar Schindler”, sagte die 91-jährige Emilie Schindler. Die Stuttgarter Zeitung behauptet jedoch, dass der Stuttgarter, der den Koffer gefunden hat, der rechtmäßige Eigentümer ist.

Während nun um den Koffer gestritten wird, werden auch Stimmen laut, die die Echtheit der Liste anzweifeln. In Deutschland hatte es bereits 1983 einen riesen Medienskandal gegeben, als das Magazin “Stern” gefälschte Tagebücher Adolf Hitlers abdruckte. In Stuttgart läßt man keine Zweifel an der Echtheit aufkommen und erklärt, im Koffer seien nicht nur die Liste, sondern auch Hunderte ganz verschiedener Dokumente, handschriftliche und mit der Maschine geschriebene Briefe, Fotos und Zeitungsausschnitte gewesen.

Interessanter als die Liste selbst, von der es in Yad Vashem bereits seit längerem eine Kopie gibt, sind die Zeugnisse aus dem Leben des Geschäftsmanns nach dem Zweiten Weltkrieg. So fanden die Redakteure der Stuttgarter Zeitung in dem Koffer ein Dokument Schindlers, auf dem geschrieben steht: “In dem heutigen Deutschland entwickelt sich ein Neo-Nazismus, oft in den aus der Ostzone durchsickernden Nazikommunismus ausartend. Und der Antisemitismus ist heute stärker fühlbar als in der Vorkriegszeit.”

anfordern: opeisen.

der Dachboden: zolder.

der Geschäftsmann: zakenman.

durchsickern: doorsijpelen.

verfolgen: nastreven, willen.

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