Nun ist es endlich soweit: Altkanzler Helmut Kohl wirft ein Buch auf den Markt.

Dieser Akt der Verzweiflung ist Kohls letzter Versuch, der Nation klar zu machen, dass er unfehlbar ist. Der Altkanzler hatte während seiner Amtszeit bewusst gegen Gesetz und Amtseid verstoßen. Er nahm zum Beispiel illegal für seine Partei (CDU) Bares entgegen und wollte auch zuletzt im Zeugenstand noch nicht die Namen der edlen Spender nennen. Das tat er auch nicht in ‘Mein Tagebuch 1998-2000’, schließlich soll darin doch Kohls Unschuld als Mensch und Politiker bewiesen werden. Wie Kohl selbst sagte, sieht er es als seine politische Pflicht, sich zur Wehr zu setzen. ‘Das Buch will gar kein Buch der Rache sein’, sagte Kohl, er wolle endlich Schluss machen, mit den Verfälschungen und Diffamierungen. Die deutschen Medien hätten eine ‘beispiellose Kampagne’ gegen ihn geführt und ihn ‘kriminalisiert’. In dem ‘Tagebuch’, das keines ist – es wurde nachträglich konzipiert und Kohl habe nie Tagebuch geführt, erklärte Kohl-Biograf Klaus Dreher – wirft der Altkanzler seinen ehemaligen Parteifreunden Wolfgang Schäuble und Angela Merkel vor, 1999 während der CDU-Spendenaffäre bewusst den Bruch mit ihm provoziert zu haben, er ‘rätsele’ jedoch immer noch über die Motive seiner Zöglinge.

Wer aufgrund des Titels Intimes über den Altkanzler zu erfahren gedenkt, der hat sich getäuscht. Das Buch ist eine Abrechnung mit all denjenigen, die sich nicht zwingen lassen wollten, Deutschlands Langzeitpatriarch auf ewig zu lieben. Es geht in dem Buch um die Rettung seines Lebenswerks. Sollte dem Altkanzler dies hier nicht gelungen sein, so kann er es immer noch in seinen in zwei Jahren erscheinenden Memoiren versuchen.

Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft wird Kohl mit dem von seinem Verleger als politisches Sachbuch eingestuften ‘Tagebuch’ erst in den Buchläden und dann unter deutschen Christbäumen landen. Wer das Buch kauft, der tut ein gutes Werk – er rettet die Familie Kohl vor schlimmer Verschuldung.

Kohl hatte seiner Partei Anfang dieses Jahres 6,3 Millionen Mark überwiesen. Der bei treuen Freunden eingesammelte ‘Solidaritätsbeitrag’ – der Altkanzler kennt sein Fach – sollte der CDU als Wiedergutmachung für von ihm verursachte finanzielle Schäden dienen. In dem Millionenbetrag befanden sich auch 700 000 Mark aus der persönlichen Geldbörse von Helmut und Hannelore Kohl. 200 000 Mark kamen aus dem Sparschwein und 500 000 Mark aus einer aufgenommenen Hypothek. Wer das politische Sachbuch kauft, der hilft Familie Kohl bei der Tilgung der Hypothek und beteiligt sich indirekt an Kohls ‘Solidaritätsbeitrag’ für die CDU. Viel mehr Gutes kann man zu Weihnachten nicht tun.

Bares: cash-geld.

der Bruch: breuk.

die Rache: wraak.

die Spende: gift.

der Zögling: leerling, pupil.

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