Jetzt, wo bestimmte Wurstsorten nicht mehr auf den Markt dürfen, bekommt der Deutsche es mit der Angst zu tun. Schluss mit der Blauäugigkeit. Wer bisher glaubte, BSE könne der deutschen Wurst nichts anhaben, der muss sich nun eines besseren belehren lassen. Auch deutsche Rinder haben BSE und darüber hinaus kaufen auch deutsche Hersteller das Fleisch für ihre Wurst gern im Ausland ein – wenn es dort billiger ist.

Nachdem nun also in Deutschland BSE-befallene Rinder lokalisiert wurden, beginnen Wurstesser zu begreifen, dass es aufgrund der negativen Bilanz der industriellen Nahrungsmittelproduktion endlich einer weitsichtigeren Agrarpolitik bedarf. Jetzt, wo die Bevölkerung über BSE-Fälle informiert ist, soll alles schnell gehen. Die Bundesregierung richtete im Eilverfahren ein BSE-Infotelefon ein, Kanzler Schröder forderte plötzlich eine neue, verbraucherfreundliche Landwirtschaftspolitik und der BSE-Schnelltest verkauft sich derzeit bestens. Sein Erfinder, der Schweizer Molekularbiologe Markus Moser, suchte jahrelang am Institut für Hirnforschung der Universität Zürich nach einem besseren Nachweis für die Rinderkrankheit BSE. Vor vier Jahren erreichte er zusammen mit zwei Kollegen sein Forschungsziel. Die drei Kollegen taten sich zusammen und gründeten mit einem Startkapital von einer Million Schweizer Franken die Firma Prionics AG. Die drei BSE-Forscher verkaufen jetzt höchstpersönlich ihre Testsets. Wer solch ein Set und eine Gewebeprobe besitzt, der kann innerhalb einiger Stunden feststellen, ob ein Rind BSE-befallen ist oder nicht. Für die Wissenschaftler lohnt sich das Geschäft mit den BSE-Schnelltests. Knapp drei Jahre nach Firmengründung soll sich der Wert der Aktiengesellschaft bereits verzehnfacht haben. Erst musste Fleisch immer schneller und billiger produziert werden – der Markt verlangte das so. Im Moment geht es nur noch darum, den angerichteten Schaden zu beheben und das verseuchte Vieh so schnell wie möglich zu erkennen und aus der industriellen Nahrungsmittelproduktion auszuschalten.

Öko-Bauern und Bio-Fleischer, die vor Jahren noch als linke Spinner bezeichnet wurden, sind heute sozial voll aufgewertet und die Freunde zahlungskräftiger Fleischesser. Wer allerdings auf Nummer sicher gehen will, der isst überhaupt kein Rindfleisch mehr. Etwa so wie Kanzler Schröder? In einem seiner Berliner Lieblingsrestaurants, dem ‘Aigner’, wurde das Rindfleisch von der Karte genommen.

anhaben: deren.

blauäugig: naïef.

das Eilverfahren: kort geding.

jetzt: nu.

das Rindfleisch: rundvlees.

weitsichtig: verziend.

jetzt geht es um die Wurst: nu is het erop of eronder.

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